"Bei dieser Baustelle muss ich uns mal selber loben"

Ein Gespräch mit Valerian Benz, Maurer und Stahlbetonbauer
Valerian Benz, Maurer und Stahlbetonbauer der Fimra Riedel Bau, Schweinfurt, © Gabriela Neeb

Interview: Christian Gottwalt / Fotos: Gabriela Neeb

Herr Benz, als Rohbauer gehörten Sie zu den ersten auf der Baustelle. Was ist noch alles zu tun?

Das Vordach ist noch zu machen, an der Ecke, wo der Kran stand. Dann noch Kleinigkeiten, bisschen nacharbeiten, bisschen mit der Giraffe schleifen.

 

Mit der Giraffe?

So nennen wir die Wandschleifer. Manche sagen auch Elefant zu der Maschine, weil sie aussieht wie ein Rüssel. Damit entfernen wir Staub oder Rostfahnen von den Wänden. Wir haben hier ja viel Sichtbeton.

 

Ist Sichtbeton etwas Besonderes für Sie? Schließlich wird er im fertigen Haus noch zu sehen sein.

Ja, schon, aber er ist auch viel aufwändiger. Beton ist Handwerk, da spielt so viel mit rein. Es regnet, es windet, der Zuschlag ist nass oder einer hält den Rüttler anders rein – schon siehst du Unterschiede.

 

Die fallen aber nur dem Profi auf, oder?

Beim Sichtbeton gibt es unterschiedliche Klassen, von SB1 bis SB4. Je höher, desto genauer muss gearbeitet werden, was Ankerlöcher und Schalungsstöße angeht. Bei SB2 ist ein Versatz einzelner Flächen von 5 Millimetern erlaubt, bei SB3 nicht mehr.

Ich bin jetzt 15 Jahre auf dem Bau - aber so was habe ich noch nie gesehen.

Sind Sie mit ihrer Arbeit im Plan oder liegen Sie hinten?

Wir haben den Zeitplan noch gerettet! Um alles zu beschleunigen, haben wir zwischenzeitlich auf sogenannte Rollbewehrungen umgestellt. Wir sollten vor Weihnachten fertig werden und haben es mit Ach und Krach geschafft – bis auf die Decke des Bühnenturms. Da gab es sehr viele Abstimmungen. Der Schnürboden zum Beispiel musste rein, bevor wir oben zu machen konnten.

 

Und der Hauptkran musste auch raus.

Der war kein Problem, weil er genau in einer Lichtkuppelöffnung stand. Der Autokran hat ihn rausgezogen und wir haben zwei selbsttragende, 6 Zentimeter starke Filigranplatten gelegt, fertig. Kran raus, Dach zu.

 

Wie sieht es mit Fehlern aus? Sind viele passiert?

Bei dieser Baustelle muss ich uns mal selber loben. Wir haben jeden einzelnen Durchbruch nochmals nachgemessen und überprüft. Vor allem in den Untergeschossen und im Erdgeschoss gab es viele Durchbrüche. Erst wurde die Schalung abgenommen, dann durfte der Eisenleger an die Wand. Dann wurde die Bewehrung vom Statiker abgenommen. Erst dann durften wir zumachen.

Hier war es wirklich streng.
© Gabriela Neeb

Klingt komplex.

Hier war es wirklich streng. Weil die Wände in den Geschossen nicht übereinander stehen. Ich bin jetzt 15 Jahre auf dem Bau – aber so was habe ich noch nie gesehen: Da standen Wände im Keller, die unterstützen im Abstand von zwanzig Zentimetern. Teilweise war es so, dass wir im Keller erst die Stützen entfernen durften, weil drei Stockwerke weiter oben das Bauwerk erst zusammenhielt und getragen hat.

 

Eine Verschachtelung, wie sie bei einem Hochhaus nie vorkommen würde.

Ja, denn da befinden alle tragenden Wände genau übereinander. Bei diesem Theater ist es anders: Da ist eine tragende Wand hier und im nächsten Stockwerk ist sie dort.

Die großen Rundbögen für die Fenster, waren die schwer zu mauern?

Ja. Wenn man genau guckt, sieht man, dass bei dem einen mal ein Fehler war.

 

Wie das?

Der ist nicht ganz gelungen. Die Schwierigkeit war, dass der Radius des Kreises nicht am Boden liegt, sondern tiefer. Wir haben die Schalung vorfertigen lassen. Es genügt, die um nur zwei Zentimeter zu drehen – schon hat der Kreis einen anderen Radius und das Fenster passt später nicht mehr rein.

 

Was haben Sie dann gemacht, als sie das gemerkt haben?

In Abstimmung mit dem Statiker drei, vier Zentimeter abgestemmt, hier an der Seite, auf den ersten eineinhalb Metern des Bogens. Das bedeutete fünf Stunden Nacharbeit. Es war der einzige größere Fehler. Jetzt passt wieder alles.