"Teilweise benutzen wir tatsächlich Zahnarztinstrumente"

Ein Gespräch mit Matthias Kaiser, Steinmetz, über Denkmalpflege

Herr Kaiser, Sie restaurieren die Altbauten des neuen Volkstheaters. Woran arbeiten Sie gerade?

Dieses Dachsims hier besteht aus Betonwerksteinen. Naturstein ist teuer. War es schon immer, auch damals, 1920, als dieser Teil des Hauses entstand. Zu der Zeit hat man den Beton noch von Hand angemischt und eimerweise hochgetragen, Betonpumpen gab es nicht. Dadurch sind diese Längsrisse entstanden. Sie markieren das Ende eines Tagwerks.

 

Und diese Risse füllen Sie nun auf?

Ich versuche, die ein bisschen zu schließen, denn die vergrößern sich mit der Zeit, wenn Wasser hineingerät und auffriert. Da entstehen dann Witterungsschäden. Hier, dieses lose Stück Stein habe ich mit Epoxydharz hineingeklebt. Und diese Fuge hier wird auch wieder neu gemacht.

 

Restaurieren Sie nur die Betonteile oder auch die Ziegelsteine?

Ziegel machen wir auch. Weiter oben haben wir zum Teil die Fugen ausgebessert. Die Anschlüsse zu dem Beton mussten wir auch neu machen. Ich kratze den Mörtel raus, dann kommt neuer Mörtel rein und wird farblich angepasst. Sehen Sie diese Wölbung in der Fuge? Das ist eine Besonderheit, eine Schinkelfuge, benannt nach dem Architekten Schinkel, neunzehntes Jahrhundert. Die wird mit einem Werkzeug gezogen, um ihr eine Form zu geben.

Matthias Kaiser, Steinmetz der Firma Bauer-Bornemann, Bamberg / © Gabriela Neeb
Wir wollen die Fassade erhalten und dafür sorgen, dass der Schaden aufgehalten oder verlangsamt wird.

Müssen Sie auch ganze Steine ersetzen?

Nein, das machen wir nicht. Die haben ja andere Formate als heute, ich glaube, das hier ist Reichsformat. Und einzelne Steine kaufen geht auch nicht. Diese Formziegel hätten wir bestellen müssen. Die müssten Sie neu brennen. Dann die Frage, wo. Es gibt ja kaum noch Ziegeleien. Außerdem ist es von der Denkmalpflege nicht erwünscht, dass wir ganze Steine ersetzen.

 

Was machen Sie dann mit den stark verwitterten Ziegelsteinen?

Wenn die Ziegel nicht zu tief verwittert sind, sollen wir es wieder hinbringen. Bei vielen Ziegeln ist nur die Oberfläche kaputt. Die wird abgekratzt, dann kommt Restauriermörtel für Ziegel drauf. Den schlämmen wir ein.

 

Farblich passt der perfekt. Und das hält?

Für 15 Jahre können wir schon Garantie geben. Wir wollen es ja nicht neu machen. Also nicht sanieren, sondern restaurieren. Wir wollen die Fassade erhalten und dafür sorgen, dass der Schaden aufgehalten oder verlangsamt wird.

© Gabriela Neeb

Was genau sind Sie von Beruf?

Ich bin gelernter Steinmetz und Steinbildhauer. Eigentlich nur Steinmetz, denn für bildhauerische Sachen muss man ein Talent haben. Man lernt die Grundlagen in der Lehre, aber man braucht ein Gefühl dafür. Die eigentliche Arbeit, die wir machen, ist die eines Steinmetzes in der Denkmalpflege.

 

Welche Werkzeuge benutzt ein Steinmetz in der Denkmalpflege?

Zum Beispiel einen Stockhammer. Der sieht auf der einen Seite aus wie ein Fleischklopfer.

 

Was machen Sie damit?

Diesen Randschlag hier, den macht man damit. Diese feinen Vertiefungen, dieses Muster im Beton, das ist eine Steinmetzüberarbeitung. Ich kann es ihnen leider nicht zeigen, weil es noch zwei Wochen dauert, bis der Stein hier ausgehärtet ist. Aber ein Steinmetz arbeitet heutzutage ohnehin meist mit dem Kompressorhammer. Die Pressluft dazu steht ein Stockwerk tiefer. Hier haben wir noch einen Knüpfel oder Klüpfel. Das ist ein Beizeisen, das ein Schlageisen. Ein Laie würde Meißel dazu sagen. Und das hier ist ein Steinhobel. Damit gehen wir nach einem Tag Trocknung über das Material. Und das hier sind Gipserspachteln.

Sieht aus wie beim Zahnarzt.

Teilweise benutzen wir tatsächlich Zahnarztinstrumente. Einiges machen wir auch selbst.

 

Was war bisher die schwerste Stelle?

Da drüben, da haben die Dachdecker gerade die Dachrinne abgemacht. Da müssen wir aufpassen, dass das Regenwasser nicht herabläuft und Spuren hinterlässt. Die gesamte Fassade ist mit einem feinen Partikelstrahl gereinigt worden. Da vorne ist alles schön sauber gewesen und jetzt läuft uns das Wasser wieder drüber. Man kann’s nicht ändern.